Schöner Lesen - "Lügen über meine Mutter" von Daniela Dröscher
Die Buchhändler-Empfehlung am heutigen Montag ist: "Lügen über meine Mutter" von Daniela Dröscher.
In der Familie der 6jährigen Ela gibt es nur ein Thema: das Körpergewicht ihrer Mutter. Das macht sie nicht vorzeigbar, ist peinlich und schadet der Karriere ihres Mannes ... so lautet zumindest seine Meinung. Ela und ihre Mutter sind seinen verordneten Diäten, den Gewichtskontrollen und dem Psychoterror Tag für Tag ausgesetzt.
Daniela Dröscher lässt ihr kindliches Ego die Geschehnisse von damals noch einmal durchleben und Maria-Christina Piwowarski hat das Ergebnis "Lügen über meine Mutter" gelesen und berichtet darüber.
Inhalt
Daniela Dröscher erzählt vom Aufwachsen in einer Familie, in der ein Thema alles beherrscht: das Körpergewicht der Mutter. Ist diese schöne, eigenwillige, unberechenbare Frau zu dick? Muss sie dringend abnehmen? Ja, das muss sie. Entscheidet ihr Ehemann. Und die Mutter ist dem ausgesetzt, Tag für Tag.
"Lügen über meine Mutter" ist zweierlei zugleich: die Erzählung einer Kindheit im Hunsrück der 1980er, die immer stärker beherrscht wird von der fixen Idee des Vaters, das Übergewicht seiner Frau wäre verantwortlich für alles, was ihm versagt bleibt: die Beförderung, der soziale Aufstieg, die Anerkennung in der Dorfgemeinschaft. Und es ist eine Befragung des Geschehens aus der heutigen Perspektive: Was ist damals wirklich passiert? Was wurde verheimlicht, worüber wurde gelogen? Und was sagt uns das alles über den größeren Zusammenhang: die Gesellschaft, die ständig auf uns einwirkt, ob wir wollen oder nicht?
Schonungslos und eindrücklich lässt Daniela Dröscher ihr kindliches Alter Ego die Jahre, in denen sich dieses "Kammerspiel namens Familie" abspielte, noch einmal durchleben. Ihr gelingt ein ebenso berührender wie kluger Roman über subtile Gewalt, aber auch über Verantwortung und Fürsorge. Vor allem aber ist dies ein tragik-komisches Buch über eine starke Frau, die nicht aufhört, für die Selbstbestimmung über ihr Leben zu kämpfen.
Autorin
Daniela Dröscher, Jahrgang 1977, aufgewachsen in Rheinland-Pfalz, lebt in Berlin. Sie schreibt Prosa, Essays und Theatertexte. Studium der Germanistik, Philosophie und Anglistik in Trier und London, Promotion im Fach Medienwissenschaft an der Universität Potsdam sowie ein Diplom in "Szenischem Schreiben" an der Universität Graz. Ihr Romandebüt "Die Lichter des George Psalmanazar" erschien 2009 im Berlin Verlag, es folgten der Erzählband "Gloria" und der Roman "Pola" sowie das Memoire "Zeige deine Klasse. Die Geschichte meiner sozialen Herkunft" bei Hoffmann & Campe. Sie wurde u.a. mit dem Anna-Seghers-Preis, dem Arbeitsstipendium des Deutschen Literaturfonds sowie dem Robert-Gernhardt-Preis (2017) ausgezeichnet. Seit Herbst 2018 ist sie Ministerin im Ministerium für Mitgefühl.
radioeins-Bücherliste
Platz |
Vorwoche |
Titel |
Autor*in |
01 |
03 |
Zur See |
Dörte Hansen |
02 |
01 |
Hund, Wolf, Schakal |
Behzad Karim Khani |
03 |
05 |
Sisi |
Karen Duve |
04 |
NEU |
Lügen über meine Mutter |
Daniela Dröscher |
05 |
NEU |
Die Erweiterung |
Robert Menasse |
06 |
02 |
Das leichte Leben |
Thomas Melle |
07 |
04 |
Utopia Avenue |
David Mitchell |
08 |
08 |
Das Ereignis |
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09 |
06 |
Trottel |
Jan Faktor |
10 |
09 |
Isidor |
Shelly Kupferberg |
Stand vom 24.10.2022